Afrika und Bürokratie! Kein Land ist schlimmer als Simbabwe. Bei der Einreise bekommt man problemlos - gegen 30 Dollar - ein für 30 Tage gültiges Visum. Das Carnet wird abgestempelt. Prima. Ich muß Carbon-Tax bezahlen - 30 USD für 30 Tage. Und 'Coupons', Straßenbenutzngsgebühr kaufen. Sie wollen wissen, an welchem Grenzübergang ich wieder ausreise. Und welche Straßen ich benutzen will. Ja was weiß denn ich? Ich will erst mal nach Harare. Von dort nach Kariba, Vic-Falls, Vumba, Nyanga, irgendwann dann weiter nach Südafrika. Aber ich weiß doch heute noch nicht, über welchen Grenzübergang! Nein, das geht nicht, ich muß jetzt und sofort angeben, wann ich wann wohin will. Alles Diskutieren hilft nichts. Ich entscheide mich für die längstmögliche Strecke nach Beitbridge und wähne mich damit auf der sicheren Seite. Schließlich zetern wir noch um die Einstufung und tatsächlich gelingt es mir, als Minibus (schließlich sind wir nur zu zweit und der Truck ist kein Truck, sondern ein ausschließlich zur Personenbeförderung bestimmtes Sonderfahrzeug) eingestuft zu werden und damit den geringstmöglichen Tarif von 50 USD für die Gesamtstrecke bezahlen zu müssen.
Ansonsten sind die Leute ausgesprochen freundlich und hilfsbereit.
Bis auf den arroganten Grenzbeamten, der mich in seinem Zelt sitzend grinsend um USD anhaut. Sonst möchte er gerne, daß ich mein Fahrerhaus kippe, damit er die Motornummer kontrollieren kann. 20 USD wären angebracht. Solches ahnend, habe ich noch zu Hause eine zweite Plakette mit eingestanzter Motornummer am Motorblock befestigen lassen, so daß sie - schlecht zwar, aber durchaus möglich - vom Radkasten aus sichtbar ist. Sonst wären jetzt knapp 3 Stunden fällig (Reserverad vom Dach, Dachboxen ausleeren, Faltenbalg und Ansaugschlauch abmontieren, kippen und das Ganze wieder zurück). Also zeige ich ihm die Plakette. Nein, er kann da nichts sehen. Empört weist er mein Ansinnen von sich, in den Radkasten zu kriechen, um die Nummer von dort besser sehen zu können. Ich bleibe hart und kann schließlich weiter. Was für ein Empfang!
In Harare treffen wir endlich Angus wieder, den Journalisten aus dem Malambe-Camp und dürfen die nächsten Wochen in seinem Garten stehen. Zeitweise gibt es Strom (mehr als 200V schafft die altersschwache Leitung aber nicht), manchmal auch Wasser (dazu mehr später). Aber wir stehen sicher, zentral und in angenehmster Gesellschaft.
Endlich wieder auf Achse! Wir wollen Klaus mit seinem ActionMobil an der Botswana/Namibia Grenze treffen und mit ihm eine Wüstentur durch Kalahari und Kalagadi unternehmen. Auf dem Weg dahin wollen wir durch die Kalaghadi-Saltpans ins Okavango-Delta und von dort nach Numubaya, wo wir uns in knapp zwei Wochen treffen wollen.
Es ist Wochenanfang, die Polizisten an den Roadblocks noch nicht so geldgierig wie kurz vor dem Wochenende, so kommen wir schnell voran. Bis Chegutu. Ich sehe sie zwar noch, die schwarzen, rechteckigen Schilder, die 'Heavy Vehicles' anweisen, die Ortschaft 'zu umfahren', aber 'local' und 'Kadoma' sind ausgenommen. Da wir durch Kadoma fahren wollen, bleibe ich auf der Straße und werde prompt angehalten. Und zum Aussteigen aufgefordert. Na prima. 'We arrest you!' heißt es. Haha! Sehr witzig! Nach langem Diskutieren und Argumentieren nutzt alles nichts. 20 USD Strafe wegen Mißachtung eines Verkehrszeichens. Dem Herren Polizisten wären wahrscheinlich 10 USD bar auf die Kralle lieber gewesen, aber ich bestehe auf einem Ticket samt Quittung für diese Absurdität. Ich laß ihn auch durchaus spüren, was ich von ihm halte, diesem armseligen Wicht.
Die Umgehung ist nicht zu finden. Es reicht offensichtlich, wenn man von der Hauptstraße verwiesen wird, eine weitere Beschilderung ist nicht nötig. Schließlich finde ich sie, die staubige Piste entlang der vor sich hinrostenden Eisenbahnschienen und komme am südlichen Ende des Dorfes wieder auf die Hauptstraße. Keine 500m weiter winkt mich ein weiterer Polizist mit seiner Radarpistole in der Hand triumphierend an den Straßenrand. 'You have been speeding! 66km/h in a 60 zone! I have to fine you! 20 USD please!' Ich lache ihn aus. Ich bin höchstens 50 gefahren. Wieviele Autos er denn schon angehalten hat mit seinem Trick, frage ich ihn ganz unverblümt. Als er pampig wird und auf den 66km/h besteht, reichts mir schließlich. Ich zeige ihm meine GPS-Aufzeichnung. Maximalspeed auf dem letzten Kilometer waren 53km/h. Er soll einpacken und jemand anders verarschen. Ich steige ein, fahre und laß ihn einfach stehen, den geldgeilen Idioten.
Wir fahren bis Bulawayo, ca. 100km vor der Grenze nach Botswana und nächtigen bei einem Freund von Janice's Vater in dessen Garten. Der Rasen braucht zwar eine Total-Sanierung, nachdem wir durch die feuchte Erde gepflügt sind, aber er ist erfreut und glücklich, uns bei sich zu haben und ein bißchen mit uns quatschen zu können.
Die Gegend hier fühlt sich ganz anders an als der Rest Simbabwes. Sauberer, frischer, freundlicher. Man sieht tatsächlich Menschen, die Zäune reparieren, die Telefondrähte sind nicht geklaut, die Roadblocks sind freundlich und zurückhaltend. Harare ist weit weg... So gelangen wir schnell und völlig problemlos an die Grenze zu
Botswana.
Meine Buben und meine 'kleine' Schwester kommen uns besuchen. Severin freut sich so sehr, daß er nach Aussage von Bernie gar keinen Flug braucht. Es reicht, wenn er in seinen Freudenssprüngen nur ein klein bißchen 'nach vorne' springt und er landet in Afrika...
Auf Harare laden wir - ganz ohne Hintegedanken - Tiffanie ein. Doch dazu später.
Wir quartieren uns in der Shoestrings Backpacker Lodge (Tel. +263 13 40167 / 91903709) ein - junge Leute, unkompliziertes Management, eine Bar zum Wohlfühlen und saubere Zimmer für unseren Besuch überzeugen.
Wir durchstreifen zu Fuß die Stadt. Tiffanie beschwert sich später, daß ich sie zu 8 Stunden Fußmarsch genötigt hätte - so ein Schmarrn!
Manche sehen zum ersten Mal in ihrem Leben einen Affen in freier Wildbahn.
Simone ist fassungslos, als sie das erste Wildschwein aus nächster Nähe sieht - immerhin ist es auf der anderen Seite eines Zauns, sonst wäre sie wohl gerannt.
Nachmittags besuchen wir die Victoria-Falls. Noch vor wenigen Jahren konnte man sie nach Aussage von Janice umsonst besichtigen, jetzt verlangt man - man halte sich fest - 20USD pro Person. Das macht für uns 6 knapp 100USD (das ist im Moment ungefähr der Monatsverdienst eines Lehrers. Gnädigerweise müssen Simbabwer aber 'nur' 5USD p.P. berappen). Die spinnen, aber das ist der Trend in Simbabwe. Nach der Inflation des Sim-Dollars schaffen sie jetzt die Inflation des US-Dollars. Zumindest im eigenen Land. Anders ist es nicht zu erklären, daß man 12USD für eine Steaksemmel bezahlen soll (das Steak kostet in der lokalen Metzgerei keine 2USD, die Semmel 25US-Cent und die Tomate - na ja, lassen wir das) oder 5USD PRO STUNDE(!) Fahrraus ausleihen.
Aber die Falls sind beeindruckend. Laut (wir hören sie nachts bis ins Camp), mächtig, atemberaubend. Wir sehen mehrfache Regenbögen, werden naß, stehen an ungesicherten (die paar Stöckchen, die da in den Boden gerammt oder auch einfach übereinander gestapelt sind, kann man nicht ernst nehmen) Abgründen (ein Paradies für alle, die, wie ich, Höhenangst haben), sichten Wahnsinnige, die auf sambischer Seite in Bikini und barfuß an der Kante herumturnen, wechseln innerhalb weniger hundert Meter Vegationszonen von Savanne bis Regenwald und - Gottseidank hat da jemand an Getränke gedacht - machen auch mal Pause.
31.8.2009 Victoria Falls
Manche (na gut, auch ich habe Muskelkater) wollen nicht mehr 'so viel' herumlaufen. Also machen wir es uns in der Bar der Vic-Falls-Safari Lodge gemütlich und beobachten entspannt von der Sonnenterrasse aus bei dem einen oder anderen Bier Tiere am (künstlichen) Wasserloch. Marabus (was machen die hier?), Krokodile, Impalas, Sable-Antilopen und Büffel sind - angesichts der drastisch reduzierten Wildbestände in Simbabwe - ein ganz guter Start.
1.9.2009 Victoria Falls
Angesichts der Wahnsinns-Preise haben wir uns für drei Aktivitäten entschieden, die wir im Paket etwas günstiger bekommen: Lion-Walk, (Boots-)Game-Drive und Elefanten-Safari (für die Mädels) / White Water Rafting (für die Buben). Das kostet für uns zusammen locker über 1.500USD, das reicht!
Der Lion-Walk ist ein voller Erfolg, ein unvergessliches Erlebnis. 'Walk with Lion-Cups', also Löwen-Babys wurde uns versprochen. Als wir die Tiere dann sehen, verschlägt es uns dem Atem. Das sind ausgewachsene Biester! Na gut, 'nur' 12 Monate alt, aber Pranken, so groß, daß meine Hand dagegen wie Spielzeug aussieht und ein Maul, daß Janice's Kopf locker darin verschwinden würde...
Severin und Tiffanie I...
2.9.2009 Victoria Falls
Der Boots-Gamedrive zeigt wenig 'Game' - die Ausbeute ist äußerst mager. Vielleicht sind wir ja zu verwöhnt vom tierreichen Botswana, aber es lohnt sich wirklich nicht.
Tiffanie und Severin II...
Severin und Tiffanie III...
Wir hatten wirklich keine Hintergedanken!
3.9.2009 Victoria Falls
Die Mädels machen eine Elefanten-Safari derweilen die Buben Wildwasser-raften.
Ich bin ja kein Adrenalin-Junkie, deshalb ist Bungee-Jump oder gar 'Gorge-Swing' nichts für mich. Nicht zuletzt, weil ich Höhenangst habe (außer beim Skifahren, da stürze ich mich auch gerne Abgründe hinab...). Aber Rafting darf's schon sein. Bis zum Einstieg in den Sambesi sind allerdings gute 100 Höhenmeter zu überwinden. Der Klettersteig abwärts läßt mich schaudern. In einer Hand ein Paddel, bekleidet mit einer sperrigen Schwimmweste, taste ich mich wacklige, durchgerostete, super-steile Treppenstufen hinab. Das Geländer hängt nur noch an ein paar Fäden. Meine Knie schlottern. Da hilft nur tief durchatmen.
Wir gehen mehrfach 'schwimmen', eine meiner Sandalen nimmt sich der Flußgott Yamiyami, kurz darauf meistere ich einen der Rapids schwimmend, an ein Rettungskajak geklammert, während 'mein' Boot elendiglich weit flußabwärts auf mich wartet. Wir 'flippen' in einem 'Class 2 Rapid', das hat vor uns noch keiner geschafft. 'Sorry', meint unser Bootsführer nur.
Nach stundenlangem Paddeln wartet schließlich ein 100m Aufstieg auf uns. Über loses Geröll geht es endlos bergauf. Meine Beine zittern wieder. Diesmal vor Erschöpfung. Fehlt nur noch, daß sie uns mit dem Fahhrad nach Hause fahren lassen, dann haben wir einen Triathlon hinter uns. Ich habe drei Tage lang Muskelkater, die sollten das wirklich als Bergsteig-/Rafting-Kombi verkaufen...
Damit die Buben und Mädels auch ein bißchen afrikanischen Busch erleben können, verbringen wir ein paar Tage im Zambezi National Park in einem 'unfenced camp'. Rund um uns Busch. Hautnah. So mag ich's. Nilpferde grunzen nicht weit entfernt, zu sehen ist aber wenig.
Die Buben schlagen ihr Zelt auf. Nur leider haben sie die Fiberglas-Stangen vergessen, die das Zelt aufspannen sollen. So versuchen sie, mit Ästchen und Schnürchen und Zweigen das Zelt unter dem Truck in Form zu bringen. Ich möchte in dem ohnehin kleinen Zelt mit den einfallenden Seiten nicht schlafen müssen...
Gottseidank finden sich aber später die Stangen, so daß dem Zelterlebnis im Busch nichts mehr im Wege steht. Leider lärmt auf sambischer Seite eine Lodge mit furchtbarer Disco-Musik - absurd, hier auf Simbabwe Seite unberührte Natur, 500m weiter auf sambischer Seite Ibiza-Party. Nachdem aber bald nach Mitternacht mit dem Lärm Schluß ist (Stromausfall? Göttliche Gnade?), kommen wir doch noch in den Genuß der nächtlichen Busch-Laute. Im Zelt klingt jedes Grunzen und jedes Knacken eines Astes sehr viel näher als es ist...
Viel zu schnell sind die paar Tage vergangen, die uns zusammen gegönnt waren. Morgen müssen Simone und die Buben wieder nach Hause. Extrem hart für unser neues Liebespaar, aber was soll man machen?
Wir hatten schon erwartet, wenigstens ein paar Elefanten zu sehen, aber es gibt praktisch keine mehr in Simbabwe. Traurig. So knöpft man mir als Ausländer um die 20 USD Eintritt ab, aber zu sehen gibt es trotz frühem Gamedrive praktisch nichts. Nur ein paar Antilopen verirren sich nachts auf den Campingplatz. Immerhin.
Der Matopo National Park ist landschaftlich atemberaubend. Nur die angeblich so zahlreichen Nashörner sind zu gut versteckt, als daß wir sie sichten könnten. Macht nichts.
Wir schenken uns die Besichtigung von Cecil John Rhode's Grave. Man will uns 20USD abknöpfen, um die Bronceplatte (falls sie noch nicht gestohlen wurde) zu sehen. Lachhaft.
Wir sehen sie tatsächlich wieder, die Wegelagerer in Chegutu. Die gleichen Typen, dieselbe Masche. Aber wir sind vorgewarnt und sie haben mich bestimmt noch nicht vergessen.
Wir verbringen ein paar Tage in Harare, um uns von all unseren Freunden zu verabschieden. Nächste Woche geht es wieder auf Tour und es wird eine Zeit dauern, bis wir wieder nach Simbabwe kommen.
Nach insgesamt fast 7 Monaten in und um Simbabwe brechen wir auf nach
Mosambik!
Familiar things do change, but in our minds they stay the same. We all have memories in our hearts, forever they will stay. Sentimental blues is what I feel everytime I think of Zimbabwe.
Liebe Leser!
Euch allen ein Gutes Neues Jahr!
Wir befinden uns seit den letzten Tagebucheinträgen in Simbabwe, pausieren bei Janice's Familie und unserem Freund Angus (dem Journalisten aus dem
Malambe Camp) in Harare. Es geht uns gut und sobald wir wieder unterwegs sind, gibt es auch wieder Neues.
Janice & Thomas.
created: 2009/04/09 by Thomas Waas
last changed: $Date: 2011/01/29 12:27:21 $ by $Author: thomaswaas $