11.11.2007: Ankunft in den V.A.E, Sharjah
Unglaublich langsam, Zentimeter für Zentimeter tastet sich das
Schiff an den Landungssteg heran. Neben uns liegt ein
Flüssiggastanker, da wirkt die Fähre wie eine
Nußschale. Ich bin leicht nervös wegen der Hunde, ob
da wohl alles gut gegangen ist? Oder erwartet mich ein Malheur? Endlich
darf ich auf das Cardeck. Nein, alles in Ordnung. Der Generator brummt,
die Klimaanlage läuft, die Tiere haben geschlafen. Es ist kurz
vor Mitternacht, wir haben mehrere Stunden Verspätung.
Weil Maxl als letztes Fahrzeug an Bord gefahren ist, blockiert er jetzt
alle Cargo-Container. Ich biete an, ihn nach draußen zu
fahren, damit die anderen Passagiere zu ihrem Gepäck kommen.
Normalerweise müßte ich zuerst zur
Paßkontrolle, aber man ist dankbar für meine
Initiative. Ich muß warten, bis alle Passagiere
ausgestiegen und in Busse verbracht worden sind, dann darf ich
rückwärts auf festen Boden. Ein Araber im
weißen Tuch wartet auf mich und fordert mich auf, in seinen
weißen Mercedes 600CLS einzusteigen. Er bringt mich zur
Paßkontrolle. Das fängt ja gut an! Ich steige also
ein, weiß nur nicht wohin mit meinen staubigen Sandalen, der
Fußraum auf der Beifahrerseite ist mit langhaarigem Fell
belegt, auf daß möglicherweise eine holde
Weiblichkeit ihre nackten, zarten Füßchen
hineinkuscheln kann. So gleiten wir zur Paßkontrolle. Dort
warten mehrere 100 Passagiere auf ihre Abfertigung. Mein Paß
wird einem Polizisten ausgehändigt, ein paar knappe Kommandos
und er verschwindet damit. Nach weniger als 5 Minuten kommt er wieder
und ich habe mein 60-Tage-Visum im Paß. Mein Araber
faßt mich am Arm, zieht mich quer durch die Eye-Control der
Frauen (da sind die meisten tief verschleiert, was die
Gesichtskontrolle doch erheblich erschwert, deshalb werden Frauen hier
einer Iris-Kontrolle unterzogen, sie müssen in eine Kamera
blicken und die Iris wird wohl mit einem hinterlegten Bild abgeglichen.
Jedenfalls bin ich außer meinem Führer der einzige
Mann im Raum, es ist eng, ein seltsames Gefühl), weiter zum
Zoll. Dort beauftragt er den Oberaufseher mit der Abnahme meines
Trucks. Sobald er hier mit der Kontrolle der sehr orientalisch
verpackten Gepäckstücker fertig ist, will er mich
abholen, bis dahin soll ich in der Abfertigungshalle warten. Dort komme
ich schnell in ein Gespräch mit einem schwarzen Polizisten, er
kommt aus Äthiopien, an der Grenze zu Eritrea, ich soll
unbedingt über Eritrea reisen, das sei gar nicht mehr
gefährlich, sondern ein wunderbares Land, gut zu bereisen. Ich
verspreche ihm, mich kund zu tun.
Die Untersuchung meines Trucks beschränkt sich auf ein
Beschnüffelt-werden durch eine deutsche
Labrador-Hündin. Da kommt Freude auf bei den Mogli's! Sie ist
aber völlig uninteressiert, konzentriert sich
ganz aufs
Schnüffeln. Nicht mal die Hundefutter-Staubox interessiert
sie. So gut trainiert können Labradore also sein.
Wahrscheinlich liegts daran, daß sie Hündin ist, mit
Rüden geht so was nicht :-)
Alles erledigt. Wow, das ging schnell. Nur aus dem Hafen fahren kann
ich erst morgen früh, es ist noch Papierkram zu erledigen und
Gebühren sind zu zahlen, das geht heute nicht mehr. Sie weisen
mir
einen Stellplatz zu, ich darf sogar mit den Hunden Gassi gehen,
normalerweise darf man im Hafengelände nicht einfach
so rumlaufen, aber man sieht ein, daß die Hunde auch mal raus
müssen. Ich schlafe sofort ein, so erschöpft bin ich.
12.11.2007: Sharjah
- Dubai
Frühmorgens suche ich den Hafen-Agenten auf. Er kommt leider
erst gegen 9 Uhr. Also heißt es sich in Gedulg zu
üben. Kann ich ja inzwischen. Ich verziehe mich also in meinen
Truck, koche mir Kaffee, lese, checke email, warte geduldig. Irgendwann
taucht er auf. Ich händige ihm mein Bill-Of-Loading aus,
bekomme einen Stapel Papiere dafür, mit dem soll ich wieder
zum Zollamt. Die schicken mich zur Polizei. Die weiß
allerdings nichts mit mir anzufangen, also wieder zurück.
Wenigstens gibt es hier keine Warteschlangen, man ist relativ
zügig an der Reihe. Es geht von Schalter zu Schalter, ohne
daß ich verstehe, wer da im Einzelnen wofür
zuständig sein soll und wozu all die Stempel und
Gebühren nötig sind. Da ist Einreise und
Zollkontrolle ein Witz dagegen. Ich laufe gut 6 mal den halben Hafen
ab. Hin und Her. Schließlich will man noch mein Carnet de
Passage, auch das bringe ich bei, es wird abgestempelt. Ein weiterer
Stempel auf einem der unendlich vielen Zettel, die ich inzwischen
gesammelt habe, fordert eine physical inspection des Fahrzeugs. Es
muß noch einmal eine Zollkontrolle des Fahrzeuges
durchgeführt werden. Halt! Das ist gestern schon passiert.
Kann schon sein, aber Bericht und Stempel fehlen.
Ein dickbäuchiger, mies gestimmter, Widerlichkeit
verbreitender Zollbeamter soll die Inspektion durchführen.
Fahrgestellnummern werden verglichen, das Motorrad muß vom
Träger, auch hier werden Motor- und Fahrgestellnummern
gesucht, ein Hund darf noch einmal anrücken und
schnüffeln, man will das Innere des Wagens sehen, aber zu
guter Letzt bekomme ich meinen Stempel. Hafengebühren wollen
bezahlt werden, in einem anderen Office weitere Gebühren, aber
schließlich halte ich mein Exit-Papier in Händen
und darf fahren.
Weit komme ich allerdings nicht. Noch kaum losgefahren, kommt der
schwitzende Dicke mit Sirenen und blinkenden Rotlichtern
angedüst. "Stop!" ich muß zum Chef des Zollamtes. Er
muß mit mir sprechen. Warum? Was für eine sinnlose
Frage! Also sitze ich kurz darauf bei einem Araber in dessen
Büro. Er telefoniert. 10 Minuten. 20 Minuten. Aus dem
Augenwinkel sehe ich, wie einer eine Tür vom Maxl aufmacht.
Ich habe schon wieder nicht abgesperrt! Ich stürze hinaus,
herrsche den Typen an, was das soll, ich habe keine Lust, Hund oder
Katze im Hafen nachlaufen zu müssen. Der gute Chef telefoniert
immer noch. Dann bescheidet er mir knapp, daß die Tiere jetzt
abgeholt werden, zum Flugplatz in Quarantäne verbracht werden,
dort kann ich sie abholen, sobald ich vom dafür
zuständigen Ministerium eine Einfuhrgenehmigung eingeholt
habe. Mir verschlägts die Sprache. Ich habe Papiere. Die Tiere
sind ordnungsgemäß geimpft und gesund! Ja, kann
sein, aber die Genehmigung brauchts trotzdem. Die gibt es in
Dubai! Nach weiteren Diskussionen stellt sich heraus, daß es
einen Veterinär gibt, der die lokale
Quarantänestation leitet. Der Dicke soll mich da hin bringen,
vielleicht kann der Tierarzt mir weiterhelfen. Der Dicke schnaubt und
ist
verärgert. Er kann überhaupt nicht verstehen, wie man
ihm soo viel Ärger und Arbeit bereiten kann. Einen Hund
mitzunehmen! So eine verrückte Idee! Die gehören,
wenns denn schon sein muß, in den Garten, aber doch nicht in
ein Auto. Er schimpft und schwitzt noch mehr und ich bin an allem
schuld. Er muß es ja nicht verstehen, aber sein Job
würde schon ein gewisses Maß an Toleranz erfordern,
denke ich, aber solche Menschen gibt es eben und man kann einfach
Glück oder Pech haben und man ist so einem Widerling
ausgeliefert oder nicht. Der Tierarzt ist nicht da, er ist in
Dubai, kommt erst in ein paar Stunden wieder, aber einer seiner
Angestellten, auch ein Araber in weißem Gewande, mag mir
helfen. Der Tierarzt wird angerufen, die Tierausweise werden kopiert,
das Ganze wird per Telefax ins Ministerium geschickt, der Tierarzt holt
weitere Informationen von mir per Telefon ein, ich soll 600 Dirham (ca.
120 Euro) zahlen, dann könne ich vielleicht heute noch mit
meinen Tieren vom Hafen und sie müßten nicht in die
Quarantänestation. Das Geld kann er aber nicht in bar annehmen
(so viel habe ich in Dirham auch gar nicht bei mir, da haben sie mich
im Hafen schon ganz schön ausgeräubert mit ihren
Gebühren), da muß ich zum 'Court', dort zur Bank,
die könnten mir eine Geldkarte verkaufen. Aber leider erst
morgen, denn sie machen um 14:00 Uhr zu, also doch
Quarantänestation. Aber
es ist doch erst 13:00 Uhr! Wenn mich der Dicke hinfährt, es
ist
ja nicht so weit, schaffe ich das jetzt gleich noch. Aslo stressen wir
los. Unter dem Protest des sabbernden, schweißtriefenden
Beamten. Aber wir schaffens in den Court (über einen
Nebeneingang, der Haupteingang macht um 13:00 Uhr zu), an der
Information
mache ich mich schlau, wo ich hin muß, eile zum Bankschalter,
an dem eine Gruppe Araber wartet und mit dem Angestellten diskutiert.
Er weist sie schroff ab und setzt sich wieder hinter seinen
Schreibtisch, sortiert dort Zettel um. Ich spreche ihn an, ob er mir
bitte helfen könne und schildere kurz mein Problem. "Do you
really think that I don't serve locals, and then help you?" ist alles,
was er sagt und schon wandern wieder Zettel hin und her. Ich weise ihn
auf die Schalter-Öffnungszeiten hin. Ich möchte ja
nicht groß mit ihm diskutieren, aber wenn ich mir die
ausgehängten Öffnungszeiten ansehe (da hängt
ein Schild direkt am Schalter), so habe ich durchaus noch eine halbe
Stunde Zeit, um Gehör zu finden. Das prallt alles an ihm ab.
Mir reichts. So viel Ignoranz und Hochnäsigkeit ertrage ich
nicht. Was war der Iran mit seiner Bürokratie doch
für ein wunderbares Land, hier gibt man sich fortschrittlich
und modern und aufgeschlossen und dann so etwas. Ich kann nur den Kopf
schütteln, verlasse das Gebäude und verliere
schön langsam meine Geduld und Hoffnung. Dem Tierarzt-Kollegen
biete ich an, den Gegenwert in Dollar in bar hier zu lassen, evtl. auch
ein bißchen mehr, und morgen wieder zu kommen, um meine
Schuld zu begleichen. Er willigt ein und eine halbe Stunde
später bin ich endlich, endlich aus dem Hafen.
Ich mache mich auf Richtung Süden, nach Dubai, möchte
ans Meer, mich ausruhen, Ruhe finden, will keinen mehr sehen. Schon
nach wenigen Kilometern begrüßen mich riesige
Verbotsschilder. No heavy Vehicles. Nicht auf der Autobahn. Nicht in
der Stadt. Zwischen 22:00 und 6:00 darf man hier Lkw fahren. Ab 2.5to
ist man heavy vehicle. Was da die ganzen Arabs mit ihren 3to-SUV's
machen, weiß ich auch nicht. Fliegen? Unsichtbar machen? Mir
ists einfach egal, ich habs so unendlich satt, fahre quer durch die
Stadt weiter Richtung Süden, erspähe eine
Straße, die scheinbar ins Meer führt, vielleicht
findet sich dort ein Stellplatz. Ich muß einen kleinen Umweg
fahren, die Straße habe ich schon verpaßt, ein paar
Kilometer weiter geht es rechts ab, ich komme am Burj al Arab vorbei,
unverkennbar, und nur einen Kilometer davon entfernt findet sich ein
öffentlicher Strand, wo ich auf einem Parkplatz halte. Mal
wieder das Glück gehabt in einer Millionenstadt so ein
hübsches Plätzchen zu finden. Ich schreibe an Charly
und Beate noch eine kurze email, setze mich an den Strand und atme tief
durch.